Berufungsbegründung vom 23.05.24

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Kanzlei D.

Landgericht Potsdam

23.05.2024

BERUFUNGSBEGRÜNDUNG

des Herrn OL
…6, das Komma hier k. w. in 14471 Potsdam

Beklagter und Berufungskläger

Prozessbevollmächtigte: Kanzlei D.

g e g e n

Herr W.
… in 14482 Potsdam

Kläger und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigte: RAe …

Aktenzeichen 1. Instanz: …
Beschwerdewert: mind. x.xxx €

Inhaltsverzeichnis

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Namens und in Vollmacht des Beklagten und Berufungsklägers begründen wir die mit Schriftsatz vom 15.04.2024 eingelegte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Potsdam, Az. […] mit folgenden Anträgen:

  1. Das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 28.03.2023>>>4<<< Az. … – wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
  2. Die drohende Zwangsvollstreckung nach §§ 719, 707 ZPO vorläufig einzustellen oder
  3. die vorläufige Vollstreckung nach § 712 ZPO aufzuheben, hilfsweise die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf die Sicherheit des Gläubiges abzuwenden,
  4. vorsorglich dem Beklagten nach § 721 ZPO die Räumungsfrist bis zur Entscheidung des hiesigen Gerichts und im Unterliegensfalle darüber hinaus möglichst lange zu verlängern.

I. Umfang der Anfechtung, § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO
Das Amtsgericht hat zu Unrecht dem Klageantrag in vollem Umfang stattgegeben. Das Urteil ist daher in vollem Umfang der Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt. Im Einzelnen ist folgendes zu rügen.

II. Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit, §§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 513, 546 ZPO
1. Prozessrecht
Es wird die Verletzung des prozessualen Rechts gerügt. Das Urteil ist nicht hinreichend begründet, § 313 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 ZPO. Der Berufung ist schon deshalb stattzugeben, weil ein absoluter Revisionsgrund vorliegt, § 547 Nr. 6 ZPO. Das Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO. Das Amtsgericht führt auf Seite 4 des Urteils aus, dass dem Kläger der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BGB zur Seite stünde und definiert die Voraussetzungen. „Nach dieser Vorschrift liegt ein wichtiger Grund vor, der den Vermieter zur Kündigung berechtigt, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet.“

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Sodann gibt das Amtsgericht wieder, was der Sachverständige T[…] festgestellt habe.
Dann führt das Amtsgericht aus, der Beklagte habe diesen vom Sachverständigen festgestellten Zustand herbeigeführt und dieser ginge über eine vertragsgemäße Nutzung hinaus.
Das flexible Rohr (das nicht mehr vorhanden war und ist, dazu später) sowie das Aufstellen der Kompostkiste seien geeignet die Mietsache massiv zu gefährden bzw. hätten die Mietsache bereits massiv gefährdet. Diesen Zustand müsse der Kläger nicht dulden.
Außerdem wurde der Beklagte aufgefordert den Zustand zu beseitigen und der Sachverständige habe die Wohnung unverändert vorgefunden. So war das nicht. Der Sachverständige konnte schon deswegen keine Veränderung konstatieren, da er nur einmal in der Wohnung war. Richtig ist vielmehr, daß W. mich bei einem Hausbesuch mündlich aufforderte, die Kompostkiste abzuschaffen. Da ich anderer Meinung war, habe ich das nicht getan. Bei einem weiteren Hausbesuch sagte W. sinngemäß: „Die Kiste steht ja immer noch!?“ Darauf ich: „Da haben wir einen Dissenz!“ Der Beklagte habe keine Einsicht gezeigt und sei nicht in der Lage, die Kosten der Beseitigung zu tragen.
Im Weiteren führt das Amtsgericht zum Widerspruch des Mieters aus. Was führt das AG aus???
Das Amtsgericht hat nicht dazu ausgefuhrt, warum dadurch die Rechte des Klägers im erheblichen Maße verletzt sind. Zu diesem Tatbestandsmerkmal gibt es keine Ausführungen.
Es genügt nicht, nur zu einem Teil der Tatbestandsmekmale auszuführen. Das Amtsgericht hat nur rudimentär zur Beschädigung und Gefährdung der Mietsache ausgeführt, nicht aber zur Beeinträchtigung der Vermieterrechte.
Ohne die Begründung, warum die Vermieterrechte erheblich beeinträchtigt sind, kann die Entscheidung nicht nachvollzogen werden. Es ist unklar, inwieweit das Amtsgericht überhaupt Rechte des Vermieters geprüft hat und welche Erheblichkeitsanforderungen tatbestände im konkreten Fall bestehen. Diese Erheblichkeitsprüfung ist selbst aus verfassungsrechtlicher Sicht zwingend erforderlich.
„Das LG hat jedoch im Zusammenhang mit der weiteren Frage, ob Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt sind, Bedeutung und Tragweite des Art. 14 I 1 GG grundsätzlich verkannt. Denn es hat ohne Feststellungen dazu, welche konkreten Nachteile der Kl. aus der Überbelegung erwuchsen, deren Interessen den Vorrang gegeben, ohne die entgegenstehenden Belange der Bf. zu berücksichtigen.“
(BVerfG, NJW 1994, 41, beck-online)
Das Gericht hätte begründen müssen, warum die Beschädigungen der Lacksicht von Dielen, der Türen und Zargen, das Entfernen von zwei Fliesen im Bad und das

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Anbringen eines flexiblen Rohrs lange vor dem Eigentumserwerb des Klägers die Rechte des Klägers so erheblich verletzen, dass ihm nur die Kündigung (und nicht etwa die Schadensersatzansprüche oder Beseitigungsansprüche) in der konkreten Situation helfen.

Das Berufungsgericht hat diese Prüfung nachzuholen. Wenn es sie nachholt, wird es zwingend zu der Erkenntnis kommen, dass die Kündigung unwirksam und damit die Klage abzuweisen ist.

Weiterhin hat das Amtsgericht nicht die Voraussetzung des § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB geprüft. Wenn das Amtsgericht geprüft hätte, ob eine Abmahnung vorlag, die erfolglos blieb, so hätte es prüfen müssen, ob der Kläger Beklagte die Verstöße wiederholt. Dazu gibt es keine Ausführungen im Urteil.

2. Es wird auch die Verletzung des materiellen Rechts gerügt.

Rechtsirrig geht das Amtsgericht davon aus, daß die Kündigung der des Klägers wirksam ist. Es liegt kein Kündigungsgrund vor.
Die Wirksamkeit der Kündigung ist auch erheblich, weil bei unwirksamer Kündigung kein Räumungsanspruch besteht.

a) Erhebliche Gefährdung der Mietsache
Anders als das Amtsgericht floskelhaft meint, ist die Mietsache nicht erheblich gefährdet.

(1) Fliesen
Die Entfernung zweier Fliesen im Badezimmer ist keine Gefährdung der Mietsache. Die Wohnung (und auch das Gebäude) sind nicht gefährdet, wenn zwei Fliesen entfernt werden. Da diese Fliesen auch noch unbeschädigt vorhanden sind, sind auch die Fliesen als Teil der Mietsache nicht gefährdet. Sie können bei Auszug einfach wieder angebracht werden. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass die Fliesen nach 23 Jahren ohne Zeilenumbruch! noch den üblichen Standards entsprechen und vom Kläger weiterverwendet werden sollen.

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(2) flexibles Rohr

Das Anbringen des Rohrs ist keine erhebliche Gefährdung der Mietsache, zumal dieses Rohr unkompliziert wieder zurückgebaut werden konnte. Der Beklagte hat das nach der Abmahnung vom 26.10.2021 auch getan.
Algenbewuchs gefährdet die Mietsache nicht. Algen dringen weder in die Bausubstanz ein, noch beschädigen sie den Putz. Sie sind – wie der Sachverständige festgestellt hat – durch einfache Malerarbeiten dauerhaft zu entfernen. Außerdem können Algen auch aufgrund von Feuchtigkeit in der Luft wachsen. Hier besonders, da die betroffene Wand nach Norden zeigt. Ein Foto der benachbarten Nordwand, die sich unterhalb der Wohnung befindet, würde zeigen, wie stark hier die Belastung durch Wetterunbilden ist.
Bereits aufgrund der Beseitigungskosten von nicht einmal 500,00 € ist zu erkennen, dass die Mietsache nicht erheblich beschädigt sein kann.
Eine Gefährdung – über durch den Bewuchs durch Algen ist ausgeschlossen.
Darüber hinaus handelt es sich um Gemeinschaftseigentum der WEG. Diese allein hat das Recht, Ansprüche gegen den Beklagten aus der Beschädigung bzw. auf Instandsetzung geltend zu machen, § 9a ab Abs.2 WEG.

(3) Lackschicht unter Kompostkiste bzw. KompostWurmkiste

Das Amtsgericht ist der Ansicht, dass das Aufstellen einer Kompostkiste eine erhebliche Gefährdung der Mietsache darstellt. Es hat auch eine Beschädigung festgestellt. Die Beschädigung liegt zum einen in der fehlenden Lackschicht. Hierzu hat der Sachverständige festgestellt, dass eben diese Lackschicht auch vor der Nasszelle in der Küche fehlt und wohl durch die Benutzung durch Schuhe verursacht ist. Grund ist ein nicht sehr leistungsstarker Wasserlack, der über die Dauer von ca. 23 Jahren nicht mehr vorhanden ist.
Damit steht fest, dass der Schaden „fehlende Lackschicht“ nicht nur wegen der Kompostkiste vorliegt, sondern auch aufgrund der üblichen Benutzung nämlich aufgrund des Begehens des Dielenfußbodens entstanden ist.
Die Beschädigungen lägen auch ohne Kompostkiste vor, allein aufgrund des üblichen Gebrauchs einer Küche mit Dielenfußbodens über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren. Die Stelle, wo sich die Wurmkiste befand, wird wenig betreten; hier wäre wohl die Lackschicht noch vorhanden.
Die Kompostkiste selbst stellt keine Gefährdung der Mietsache dar. Sie ist vielmehr eine Möglichkeit, die eigenen Bioabfälle effektiv in Kompost umzuwandeln. Vgl. https://wurmkiste.at. Das ist ohne Schädigung der Mietsache möglich. Insbesondere sind die möglichen Nachteile, wie das Vorhandensein kleiner Tiere oder geringfügiger Gerüche im wohnungsüblichen Umfang.
In der Tat war unter der Wurmkiste eine Erhöhung der Feuchtigkeit der Dielung festzustellen. Laut meinem Gedächtnisprotokoll von den unkritischen 10% auf kritische 20% en masse. Der Gutachter meinte damals zu mir, dass 17% normal wären. Im Gutachten steht später „bis zu 29%“
Es ist jederzeit möglich Kleintiere wie Mäuse, Ratten, Spinnen oder Schlangen in der Wohnung zu halten. Diese Tiere werden regelmäßig mit Lebendfutter versorgt, dass

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zu diesem Zweck auch in der Wohnung aufbewahrt wird und werden darf. Dazu zählen Würmer, Larven und Käfer.
Aber auch die Lebensmittelaufbewahrung zieht regelmäßig Ungeziefer an, z.B. Lebensmittelmotten, Erdnussplattkäfer oder Fruchtfliegen. Es käme keiner niemand auf die Idee, bei einem mäßigen Befall einem Mieter zu kündigen, weil vielleicht fünf Motten freigesetzt wurden, die womöglich die Mietsache gefährden könnten.

(4) Türen und Zargen mit Faserstift bemalt

Das Bemalen von Zargen und Türen mit Faserstiften gefährdet die Mietsache nicht erheblich. Die entstandene farbliche Verschmutzung kann ohne weiteres im Rahmen der Schönheitsreparaturen beseitigt werden – was auch der Sachverständige mitgeteilt hat. Die Faserstifte verursachen keine weitergehende Beschädigung und sind nicht erheblich. Sie könnten vielleicht sogar abgewaschen werden.

b) Durch Vernachlässigung des Mieters
(1) Entfernen der Fliesen

Der Beklagte hat die Fliesen vor mehr als 10 Jahren entfernt, um die Badewanne weiterhin nutzen zu können. Die Entfernung war deswegen notwendig, damit der Beklagte seinen unterfahrbaren Personenlifter nutzen kann, um in die Wanne zu kommen.
Mittlerweile ist das Recht zum Umbau sogar vertraglich gesetzlich geregelt, § 554 BGB. Wenn man also so_weit gehen würde, die (temporäre) Entfernung der Fliesen als bauliche Veränderung anzusehen, hätte der Beklagte einen Anspruch auf diesen Umbau gegen den Kläger.
Eine Vernachlässigung der Mietsache liegt damither nicht vor.

(2) flexibles Rohr

der Beklagte hat sofort nach Abmahnung das flexible Rohr entfernt. Er ist bis heute der Ansicht, daß die Algen auch ohne das flexible Rohr entstanden wären. Man sehe sich das Foto einer ebenfalls nach Norden zeigenden benachbarten Hauswand an. Das Auffangen von Regenwasser ist keine Vernachlässigung der Mietsache.

(3) Wurmkiste

Die Benutzung einer Wurmkiste in der Wohnung gehört zum üblichen Gebrauch der Mietsache.
Ein weiteres Indiz für die Tatsache, daß Wurmkisten/Kompostkisten zum üblichen Gebrauch des Mieters einer Wohnung gehören, zeigt sich bei der Suche nach ihnen zum käuflichen Erwerb. Man kann sie nicht nur bei Amazon, sondern nahezu in jedem haushalts-

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nahmen Onlineversandhandel erwerben, beworben mit der Möglichkeit, diese Kisten in der Wohnung zu nutzen. Eine Vernachlässigung der Mietsache liegt nicht vor, wenn die vorgeworfene Handlung sozial anerkannt ist, und von vielen Menschen in der Wohnung als üblich in der Wohnung anerkannt wird.
So empfehlen unter anderem Focus, die Süddeutsche Zeitung, Brigitte, NZZ, kraut&rüben [ohne Leerzeichen!] und der MDR eine solche Wurmkiste. Vergleiche auch https://wurmkiste.at.
Selbstverständlich müssen dann auch Würmer oder andere Kleintiere dort wohnen, sonst kann kein Kompost entstehen.
Eine Wurmkiste ist im Übrigen auch geruchlos.

(4) Zargen und Türen

Es steht dem Mieter frei, während der Mietzeit eine farbliche Gestaltung der Türen vorzunehmen. Auch wenn diese farbliche Gestaltung nicht den Geschmack des Vermieters trifft, liegt darin keine Vernachlässigung des Mieters, sondern schlicht sein Gestaltungsrecht der Wohnung – wenn man es, wie im vorliegenden Fall, wieder beseitigen kann.

c) Verletzung der Rechte des Vermieters im erheblichen Maße

Die Rechte des Klägers sind nicht verletzt, erst recht nicht im erheblichen Maße.
Unstreitig waren alle streitgegenständlichen Mängel schon bei Eigentumsübergabe an den Kläger vorhanden.
Der Kläger hat in Kenntnis der gerügten Mängel die Mietsache erworben. Da er den Mietvertrag des Beklagten anzweifelt, ist davon auszugehen, dass der Kläger vor bzw. bei Kauf keinen Mietvertrag gesehen hat. Er wusste offensichtlich nicht, was vereinbart war und kaufte trotz Kenntnis eine (in seinen Augen) verwahrloste Wohnung.
Es ist dem Kläger verwehrt, sich auf seine Rechte als Vermieter insoweit zu berufen, als dass er diesen Zustand bei Kauf hingenommen hat. Er kaufte die Wohnung wie gesehen und kann sich dann nur bei dem Verkäufer, nicht aber bei dem Mieter schadlos halten.
Sämtliche gerügten Beschädigungen liegen seit Jahren vor und lagen bei Eigentumsübergang lange vor.
Ansprüche, die bei Eigentumsübergabe entstanden und fällig waren, verbleiben beim Veräußerer. Dies gilt auch für Schadensersatzansprüche wegen Verschlechterung der Mietsache.
MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 203, BGB § 566 Rn. 44)

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Der Beklagte müsste seine Pflichtverletzungen fortgesetzt haben, damit überhaupt Rechte des Beklagten Klägers betroffen sein könnten. Da die vorgeworfenen Pflichtverletzungen bis auf das Rohr und die Wurmkiste längst vergangen sind, sind die Rechte des Klägers gar nicht betroffen.

Im Einzelnen gilt außerdem:

(1) Fliesen

Das Abnehmen der Fliesen betrifft die Rechte des Mieters Vermieters nicht, weil es sich um die Wandgestaltung des Mieters handelt, die er selbst bestimmen kann – solange er sie bei Auszug wiederherstellt.
Hinzu kommt der Anspruch des Beklagten nach § 554 BGB, der eine Verletzung der Rechte des Vermieters bereits gesetzlich ausschließt.
Das Abnehmen von zwei Fliesen ist in keinem Fall eine erhebliche Verletzung der Rechte des Beklagten Klägers, sondern völlig unerheblich. Die Erheblichkeitsschwelle ist erst überschritten, wenn es dem Vermieter zumutbar ist, die Vernachlässigung hinzunehmen, das ist denkbar bei finanziell großen Schäden oder massiven Substanzbeeinträchtigungen der Mietsache. Beides liegt hier nicht vor.

(2) Flexibles Rohr

Der Beklagte hat das Rohr zurückgebaut und das Regenrohr in den Ursprungszustand zurückversetzt. Das flexible Rohr gab es zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr.
Der Algenbefall ist einfach zu beseitigen und kann mit Malerarbeiten vollständig wieder hergestellt beseitigt werden. Er befindet sich an der Terrasse des Beklagten und stäört somit auch keine Mitbewohner oder Dritte.
Die Substanz der Wohnung ist nicht gefährdet. Die Außenwand ist WEG-Eigentum und steht nicht in der Verfügungsmacht des Klägers.
Im Übrigen dürfte die Fassade nach 23 Jahren instandsetzungsbedürftig sein, so dass sowieso kein Schaden verbleibt, wenn der Kläger den Instandsetzungspflichten am Haus nachkommt. Soweit die Algen einen Mehraufwand bei der Instandsetzung bedeuten, so hätte der Verkäufer und ehemalige Vermieter ggf. einen Anspruch gegen den Beklagten, nicht aber der Kläger, der die Wohnung in dem diesem Zustand erwarb. Es liegt kein Schaden vor.

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(3) Wurmkiste

Anders als das Amtsgericht meint, beeinträchtigt die Wurmkiste nicht die Rechte des Vermieters, denn sie gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch und ist vom Kläger zu dulden.
Selbst wenn dem nicht so wäre, so wären die Rechte des Klägers nur insoweit verletzt, als dass die Wurmkiste über die Nutzung des normalen Biomülls, der in Potsdam getrennt gesammelt werden muss, hinausgeht. Dazu hat der Kläger nichts vorgetragen. Er müsste auch dazu vortragen, inwieweit die Wohnung über einen Ungezieferbefall z.B. Mehl- oder Kleidermotten oder eine Kleintierhaltung des Mieters hinausgeht.
Selbst wenn ihm das für die Wurmkiste gelänge, so fehlt es noch immer an der Erheblichkeit. Dem Kläger steht die Möglichkeit offem, nach § 541 BGB vorzugehen. Erst wenn der Beklagte zum Unterlassen (des Aufstellens einer Wurmkiste) verurteilt und dem keine Folge leisten würde, käme eine Erheblichkeit der Verletzung der Rechte des Klägers überhaupt in Betracht.
„Der Kündigende kann sich nicht durch Abhilfeaufforderung den Kündigungsgrund quasi selbst schaffen. Insbesondere bei geringfügigen Verstößen des Mieters gegen den vertragsgemäßen Gebrauch scheidet eine Kündigung oftmals aus. Der Kündigungswillige ist in diesen Fällen nicht rechtlos. Er kann auf Erfüllung bzw. Unterlassung klagen. Wird danach das pflichtwidrige Verhalten allerdings nicht eingestellt, dürfte dieses Verhalten idR dem Kündigungsgrund die notwendige Schwere geben.“
(Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 543 Rn. 140)
Solange der Kläger außer einer Abmahnung keine weiteren Unterlassungsanstrengungen unternimmt, fehlt für einen Kündigungsgrund die notwendige Erheblichkeit.
Hinzukommt, dass der Kläger in der Pflicht ist, die Wohnung regelmäßig instand zu halten. Wie der Sachverständige ausführt, ist die Lackschicht der Dielen an vielen Stellen wegen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht mehr vorhanden. Dielen sind nach 23 Jahren auch üblicherweise abgenutzt. Da der Beklagte laut Mietvertrag keine Schönheitsreparaturen durchführen muss, hat der Kläger die Pflicht zur regelmäßigen Instandsetzung, wozu auch das Herstellen einer fachgerechten Lackschicht auf den Dielen gehört. Diese Instandsetzung der Dielen würde den Schaden, der vor zehn Jahren entstand, beseitigen. Anders formuliert: wenn der Kläger seiner vertraglichen Pflicht zur Instandsetzung der Dielen in der Wohnküche nachkommen würde, gäbe es keinen Schaden mehr.

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Ich fordere den Kläger namens und in Vollmacht des Beklagten auf, die Dielen in der Küche instand zu setzen instandzusetzen, so dass sie wieder eine funktionstüchtige Lackschicht aufweisen. Hierzu bitte ich die Arbeiten bis zum 31.05.2024 zu erledigen und drohe im Übrigen Instandsetzungsklage an.

(4) Türen und Zargen

Die farbliche Gestaltung der Türen und Türrahmen ist Sache des Beklagten und kann daher keine Rechte des Klägers verletzen. Die Bemalungen sind auch einfach zu entfernen und damit nicht erheblich.
Außerdem ist es Sache des Klägers, regelmäßig die Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Da die letzten Maßnahmen des Vermieters mehr als 20 Jahre zurückliegen, fordere ich den Kläger auf, alle fälligen Schönheitsreparaturen in der Wohnung inkl. der Innentüren und -zargen bis zum 30.06.2024 vorzunehmen. Darüber hinaus fordere ich ihn auf, die Fenster von innen und außen instand zu setzen instandzusetzen, dies auch bis zum 30.06.2024. Auch hier stelle ich in Aussicht, Klage auf Instandsetzung zu erheben.
Die Instandsetzung der Türen und Zargen ist nicht aufwendiger, weil diese bemalt wurden. Die Türen und Zargen haben nach mehr als 20 Jahren ihre Lebensdauer erreicht und müssten gründlich erneuert werden. Dies wäre auch bei äußerster Vorsicht des Mieters nach 20 Jahren notwendig.

d) Erfolglose Abmahnung

Die Abmahnung des Klägers war nicht erfolglos.
Seit der Abmahnung hat der Kläger Beklagte keine Fliesen entfernt, keine Türen und Türzargen bemalt und kein flexibles Rohr an dem Regenrohr zur Ableitung angebracht. Die Abmahnung dient aber nicht der Schadensbeseitigung. Sie soll dem Mieter die Möglichkeit geben, zukünftig keine Vertragsverletzungen zu begehen.
Diese Möglichkeit hat der Kläger Beklagte genutzt.
Die Wurmkiste war nicht einmal Gegenstand der Abmahnung. In der Abmahnung wurde gesagt, ich unterhielte einen Komposthaufen in der Wohnung! Der Kläger rügte starke Beschädigungen der Fußböden. Diese sind jedoch – wie sachverständlich festgestellt – auf die jahrelange vertragsüblich Nutzung zurückzuführen und den damals verwendeten, unzulänglichen Wasserlack der Dielen.
Der Kläger rügte einen Komposthaufen in der Wohnung.

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Der Beklagte hatte in der Wohnung nie einen Komposthaufen. Selbstverständlich wird der Kläger vorbringen, der Beklagte würde Wortklauberei betreiben, und es sei klar, dass die Wurmkiste gemeint sei,. Aaber diese Argumentation ist dem Kläger, der schon bei der Abmahnung anwaltlich vertreten war, verwehrt.
Ein Komposthaufen ist keine Wurmkiste und dieses Wort wurde nur deshalb verwendet, weil ein Komposthaufen in der Wohnung im Gegensatz zu einer Wurmkiste tatsächlich eine massive Gefährdung der Mietsache darstellen würde. Wenn aber das Wort Komposthaufen verwendet wird, um die Erfüllung eines kündigungsrelevanten Tatbestands vorzutäuschen, so ist es dem Kläger im Nachgang verwehrt, sich darauf zu berufen, er habe eine handelsübliche Wurmkiste gemeint.
Wenn ein Vermieter wegen einer gefährlichen Bulldogge abmahnt, kann er auch nicht davon ausgehen, dass diese Abmahnung auch für einen Hamster gilt.
Im Übrigen hat das Amtsgericht die Prüfung von Treu und Glauben unterlassen. Der Kläger hat zunächst eine Eigenbedarfskündigung gewünscht und abgesendet. Offensichtlich hat ihn der Voreigentümer nicht hinreichend aufgeklärt und der Kläger wurde von dem Urteil und mit dem lebenslange Wohnrecht des Beklagten überrascht. In einem mündlichen Gespräch mit dem Beklagten sagte er, der Vorbesitzer habe ihm gesagt, er wäre deswegen mit dem Eigenbedarf gescheitert, weil er Immobilienmakler wäre. Also versuchte der Kläger – statt den Käufer in Regress zu nehmen – Pflichtverletzungen zu finden und das Wohnrecht des Klägers Beklagten zu umgehen. Bei Kauf störte sich der Kläger an keinem der Punkte. Nachdem er jedoch Kenntnis von der fehlenden Möglichkeit zur Geltendmachung des Eigenbedarfs erfahren hatte, suchte er plötzlich nach vermeintlichen Pflichtverletzungen.
Die Kündigung wegen der streitgegenständlichen Pflichtverletzung ist treuwidrig, weil
  • sie allein als Ausweg und Umgehung wegen des erlangten dauerhaften Wohnrechts genutzt wird,
  • weil sämtliche vermeintlichen Pflichtverletzungen seit Jahrzehnten bestehen und vom Kläger als Käufer hingenommen wurden,
  • weil der Kläger sehr wohl weiß, dass der Beklagte körperlich nicht in der Lage ist, auch nur eine Sache selbst zu beseitigen, sondern dabei auf andere angewiesen ist, die er mangels Einkünften nicht einmal bezahlen könnte
Abgesehen davon ist es treuwidrig, eine Wohnung mit einem schwerst kranken Mann zu kaufen, und diesen Mann dann auf die Straße zu setzen. Treu und Glauben verlangt auch, dass der Kläger die Menschenwürde des Beklagten achtet und dessen

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Umstände, die dem Kläger bei Kauf selbstverständlich bekannt waren, nach Eigentumsübergang beachtet, wie es Moral und Anstand verlangen.
Offensichtlich ist der Kläger bei Erwerb der Wohnung davon ausgegangen, dass der Beklagte sich aufgrund seiner Erkrankung kaum wehren kann und es daher ein Leichtes sei, diesen auf die Straße zu setzen. Der Erwerb einer Wohnung, in der ein Sschwerstkranker Mensch wohnt, führt zu erhöhten Pflichten als Vermieter zum Schutze eben dieses Mieters.

III. Zweifel an der Richtung und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung, § 520 Abs.3 S. 2 Nr. 3,_513, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO

Das Amtsgericht hat den Tatbestand unvollständig und nicht ganz korrekt erfasst. Ich verweise insoweit auf den Tatbestandsberichtigungsantrag.
Das Amtsgericht hat nicht festgestellt, wer Mieter und wer Vermieter der Wohnung ist. Es urteilte allein auf der Basis, dass der eingereichte Mietvertrag nicht der Mietvertrag der streitgegenständlichen Wohnung sei.
Da sich die Kündigung auf die Pflichtverletzung des Beklagten aus dem Mietvertrag stützt, hätte das Amtsgericht Feststellungen zum Mietvertrag treffen müssen. Insbesondere hätte es klären müssen, wer Mieter und wer Vermieter ist, und welche Rechte sich aus welchem Mietvertrag ergeben.
Auf Basis des Klagevortrags hätte das Amtsgericht als unschlüssig abweisen müssen, da eine Prüfung nicht erfolgen konnte.
Anlage K 13 kann diesen Vortrag nicht ersetzen, weil die notwendigen Angaben geweißt wurden. Es handelt sich um eine unvollständige Urkunde, die keiner Beweisfindung dienen kann. Wer ist der Vermieter bzw. Absender des Mieterhöhungsverlangens?
Auf Seite zwei des Urteils, letzter Absatz, muss es heißen: „Dem Beklagten wurde (einmal, nicht mehrfach) schriftlich u.a. untersagt in der Wohnung einen Komposthaufen zu unterhalten […]“.
Der Kläger hat den Beklagten nur einmal abgemahnt (Anlage K 4).
Der Kläger hat in der Abmahnung vom 26.10.2021 dem Beklagten unterstellt, einen Komposthaufen in der Wohnung zu haben, der den Fußboden beschädigt.
Das ist etwas anderes als eine Kompostkiste (die tatsächlich in der Wohnung stand) zu haben.

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Der Kläger meint, er habe auch mit Schreiben vom 26.10.2021, 21.12.2021, 01.09.2022 und 08.05.2023 abgemahnt.
Das Schreiben vom 21.12.2021 ist die Kündigung, auf die sich das Urteil stützt. Eine Abmahnung vom 01.09.2022 oder vom 08.05.2023 sind nicht in den Prozess eingeführt worden.
Auf Seite 2 des Urteils, letzter Absatz, ist der Satz „Insoweit wird auf die Rechtsanwaltsschreiben vom 26.10.2021 und 21.12.2021“ unvollständig.
Es müßte heißen:
„Der Kläger fordert den Beklagten im Rechtsanwaltsschreiben vom 26.10.2021 auf, seine Schadensersatzpflicht dem Grunde nach anzuerkennen sowie weitere Beschädigungen zu unterlassen. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 21.12.2021 kündigte der Kläger u.a. wegen des Komposthaufens.“ Es steht dem Gericht frei, dies anders zu formulieren.
Es muss aber klar sein, dass der Kläger vor der fristlosen Kündigung die unverzügliche Beseitigung eines Komposthaufens forderte.
Anders als der Kläger in Reaktion auf den Antrag auf Tatbestandsberichtigung unterstellt, lagen weitere Abmahnungen dem Gericht nicht vor.
Auf Seite vier des Urteils, Aufzählung, zweiter Anstrich, müssen folgende Worte gestrichen werden: „Anbringen eines flexiblen Rohres am Regenfallrohr auf Dachterrasse um Regenwasser in einer Zinkwanne aufzufangen . (Satzzeichen)
Der Sachverständige hat kein flexibles Rohr gefunden, dass das Regenwasser in die Zinkwanne leitete. Dieses flexible Rohr hatte der Beklagte sofort nach Aufforderung des Klägers entfernt. Ich verweise auf das Gutachten des Sachverständigen.
Auf Seite 4 des Urteils, Aufzählung, 3. (Der Punkt fehlt.) Anstrich, müsste es heißen, dass die Lackschicht unter der Wurmkiste nicht mehr vorhanden ist. Die Holzfeuchtigkeit unter der Kompostkiste wird als feucht bewertet, soweit teilweise 29 % Masse Holzfeuchtigkeit gemessen wurde. Weiterhin ist in der Küche keine geschlossene Lackschicht mehr vorhanden, augenscheinlich kommt die starke Abnutzung nicht durch die Räder des Rollstuhls, sondern von Schuhen. Der Sachverständige benennt als Grund für die (mangelnde) Qualität des Wasserlacks mit dem einst die Dielen versehen worden sind.

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Die Erwähnung, dass unter der Kompostkiste keine Lackschicht mehr sei und dass starke Feuchtigkeitswerte gemessen wurden, ist verkürzt dargestellt. Damit entsteht der Eindruck, dass die Lackschicht nur unter der Kompostkiste fehlt und dass die Kompostkiste der einzige Grund ist, obwohl doch der Sachverständige die Qualität des Wasserlacks für die fehlende Lackschicht in der Küche vermutet.
Auf Seite 5 des Urteils müssen die Sätze gestrichen werden: „Selbst als der Sachverständige zur Begutachtung die Wohnung besichtigt hatte, war der Zustand noch immer wie vom Kläger bemängelt. […] Der Sachverständige hat auch ausgeführt, dass die Mängelbeseitigung mehrere tausend Euro kosten wird.“
Der Sachverständige hat, anders als es das Urteil unterstellt, gerade nicht festgestellt, dass sich in der Wohnung ein Komposthaufen befindet und dass ein flexibles Rohr das RegenwWasser in die Zinkwanne leitet.
Der Sachverständige hat eine „Wurmkiste“ festgestellt. Er hat kein flexibles Rohr festgestellt, das Wasser in die Zinkwanne leitet.
Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Beseitigung der Schäden an dem mehr als 20 Jahre lang genutzten und in der Zeit nie instandgesetzten Dielen ca. 420,80 € kosten würde.
Der Sachverständige hat festgestellt, dass an der Dachterrasse nur Malerarbeiten notwendig seien, die ca. 535,50 € + An- und Abfahrt kosten würden.
Die fehlerhafte Tatsachenfeststellung führt dazu, dass der Eindruck entsteht, dass die Mietsache massiv geschädigt wurde. Außerdem zeigt sie den Beklagten als rück- und einsichtslosen Mieter. Die Erfassung der wahren Tatsachen führen hingegen dazu, dass gerade keine erheblichen Pflichtverletzungen vorliegen, die eine Kündigung rechtfertigen.

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VI. Bezugnahme auf erstintanzlichen Vortrag
Auf das gesamte inhaltliche Vorbringen des Beklagtenhier fehlt das Leerzeicheneinschließlch der dortigen Beweisantritte wird ergänzend Bezug genommen. Sollte das Berufungsgericht in der einen oder anderen Frage eine Ergänzung für erforderlich halten, wird um einen richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO gebeten.
V. Zu den Vollstreckungsschutzanträgen:
Der Beklagte leidet noch immer an der Multiplen Sklerose. Es sind auch keine Medikamente zugelassen worden, die das Leiden des Beklagten verbessern oder heilen würden.
Daraus folgt, dass der Beklagte bei Auszug sehr wahrscheinlich sein Augenlicht und weitere nicht regenerierbare Funktionen des Körpers verliert. Ich verweise vollumfänglich auf die Feststellung des Sachverständigen im Verfahren 13 S … des Landgerichts Potsdam, die durch den Zeitablauf bis heute keine Verbesserungen sondern nur Verschlechterungen erfahren haben.
Der Gesundheitszustand des Beklagten wird sich bei Auszug massiv verschlechtern und kann aufgrund der Art seiner Krankheit nicht mehr verbessert werden, sein Körper regeneriert.
Beweis: Im Sachverständigengutachten

d.
Rechtsanwältin

Für den nach Diktat verreisten
W.
Rechtsanwalt

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